Heimatkunde

Wo liegt eigentlich „Westpreußen“?

Lüneburg. Als „Westpreußen“ wird eine Region bezeichnet, die sich am Unterlauf der Weichsel von Thorn im Süden bis nach Danzig an der Ostsee erstreckt, zwischen Pommern im Westen und Ostpreußen im Osten. Südlich schließt sich der Warthegau an, auch Großpolen oder Mittelpolen genannt, bestehend aus der ehemaligen preußischen Provinz Posen und dem ehemaligen Russisch-Polen (Kongresspolen).
Das Gebiet um Thorn, Culm, Graudenz und Strasburg wird auch Kulmer Land genannt. Das westpreußische Gebiet westlich der Weichsel nennt man im Deutschen auch Pommerellen.
Mit einigen Unterbrechungen bildete Westpreußen von 1772 bis zum Jahre 1920 eine königlich-preußische Provinz. Zu deren Vorgeschichte gehört einesteils die mehr als 200-jährige Herrschaft des Deutschen Ordens, der das Land seit 1231 in Besitz genommen, es christianisiert und kulturell entwickelt hat, und andernteils eine 1454 ein-setzende, mehr als 300-jährige Phase, in der die Region an der unteren Weichsel als „Königliches Preußen“ (Prusy Królewskie) mit der Polnischen Krone verbunden war. Deutsche und Polen hatten in dieser Region über lange Zeit meist einträchtig zusammengelebt. Erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Region zum Schauplatz ethnischer und national-politischer Auseinandersetzungen.
Inzwischen ist dieses Gebiet Teil der Republik Polen, und die ehemals in sich geschlossene Provinz gehört nunmehr zu fünf verschiedenen Woiwodschaften, wie in Polen die Selbstverwaltungseinheiten auf der höchsten Stufe der territorialen Gliederung genannt werden.
Unsere Heimatstadt Thorn (Toruń) gehört jetzt zur Woiwodschaft Kujawien-Pommern.



„Westpreußen“ ist heute ein wichtiger Erinnerungsort für die Geschichte und Kultur des früheren Ostdeutschland, welches erst östlich von Oder und Neiße beginnt. Beim Erkunden der eigenen Region verfolgen aber auch die jetzigen polnischen Bewohner wieder Spuren des historischen Westpreußens. Aus einer getrennten Geschichte entwickeln sich damit Formen des gemeinsamen Erinnerns über Grenzen hinweg. Dazu will auch die Artushof-Vereinigung e.V. mit dem Heimatkreis Thorn Stadt und Land und der 
Heimatkreisgemeinschaft Dobriner Land maßgeblich beitragen.



Während des Zweiten Weltkriegs und damit während des Dritten Reichs gehörte Westpreußen wieder zum Deutschen Reich als s.g. Reichsgau „Danzig-Westpreußen“. Die westlichen ehemals westpreußischen Kreise Deutsch-Krone und teilweise Flatow (ohne Zempelburg) kamen zwischenzeitlich zu Pommern und verblieben nun dort. Die westpreußischen Kreise, die zu Ostpreußen kamen, kamen wieder zurück und zusätzlich die beiden Kreise Rippin und Leipe, das sogenannte Dobriner Land im ehemaligen Russisch-Polen.

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Geographische Informationen über Westpreußen



Die historische Region Westpreußen liegt im Norden der Republik Polen. Sie erstreckt sich zu beiden Seiten des die Landschaft prägenden Weichselstromes etwa zwischen 53 und 55 Grad nördlicher Breite – was annähernd der Breitenlage zwischen Bremen und Flensburg entspricht.

Die geographische Grenze der Region nach Norden bildet die Ostseeküste, die hier weitgehend von der sich fast halbkreisförmig öffnenden Danziger Bucht bestimmt wird. Im Mündungsdelta zwischen der Weichsel und ihrem östlichen Nebenarm Nogat erstreckt sich mit den drei Weichselwerdern ein in der frühen Neuzeit urbar gemachtes Niederungsland, das zum Teil unter dem Meeresspiegel liegt und sehr fruchtbar ist.

Westlich der Weichsel liegt im Norden die Landschaft Pommerellen. Als ein Teil des Baltischen Landrückens dehnt sich hier die landschaftlich reizvolle Kaschubische Schweiz aus, die mit dem 329 Meter hohen Turmberg den höchsten Punkt der Region erreicht. Südlich schließt daran die Tucheler Heide an, die große, heute zum Teil unter Naturschutz stehende Waldgebiete umfasst.

Im Osten des Weichselstromes liegt Pomesanien, das im Norden das Frische Haff berührt, einen durch eine schmale Halbinsel, die Frische Nehrung, fast ganz vom offenen Meer abgetrennten Teil der Ostsee. Weiter im Süden erstreckt sich daran das Kulmer Land, eine von Hügeln und Seen geprägte Landschaft.

Bis heute ist die Region überwiegend ländlich strukturiert und dünn besiedelt. Von der „Dreistadt“ Danzig – Zoppot – Gdingen an der Küste bis nach Thorn im Süden liegen die größeren Städte fast alle an Weichsel und Nogat (bzw. am Elbing) oder in deren Nähe. Gdingen und Danzig sind die beiden großen Seehäfen an der Danziger Bucht.

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Wenn man von Westpreußen spricht, wissen viele Menschen nicht, welche Region damit eigentlich gemeint ist. Auch die Verwechselung mit Ostpreußen ist allemal gegeben, denn Ost- und Westpreußen werden vielfach nicht klar voneinander unterschieden. Ja, mehr sogar, Westpreußen wird oft als ein Teil Ostpreußens angesehen.
Durch die wechselvolle Geschichte dieses Landes "Westpreußen" ist es oft nicht leicht, hier eine klare und eindeutige Antwort zu geben.
Hier der Versuch einer Erklärung:

Westpreußen war bis zum Abschluss des Versailler-Vertrages am 01. Januar 1920 eine Provinz im Königreich Preußen, gelegen zu beiden Seiten der unteren Weichsel. Diese grenzt im Norden an Pommern, im Süden an Posen und im Osten an Ostpreußen. Im 13. Jahrhundert rief Herzog Konrad von Masowien, der Herzog eines polnischen Teilfürstentums, den Deutschen Orden ins Land, weil er Hilfe gegen die Prußen benötigte. Der ins Land gerufene Deutsche Orden gründete mit Zustimmung von Papst und Kaiser den Deutschordensstaat Preußen. Das im späteren Westpreußen gelegene Kulmer Land wurde zur Keimzelle dieses Staates.
Zum Schutz des Ordens, aber vor allem auch zum Schutz der Menschen in den Städten und Dörfern, errichtete der Orden teils gewaltige Burgen in deren Nähe viele neue Städte entstanden. Noch heute erinnern viele dieser Burgen an die Zeit des Deutschen Ordens in unserer Heimat (z.B. die Marienburg), aber auch andere Bauten wie Kirchen und Rathäuser gehen auf die Ordenszeit zurück.
Nach der Herrschaft des Deutschen Ordens, der den 13-jährigen Krieg verlor (1454-1666), kam das westliche Preußenland als Ständestaat unter die Oberhoheit Polens und wurde 1772 (1. Polnische Teilung) ein teil des Königreichs Preußen. Während dieser Zeit nahmen die größten Städte Elbing, Thorn und Danzig (Thorn und Danzig erst 1793) die Stellung von Stadtrepubliken ein. König Friedrich II, der Große, verlieh diesem westlichen Teil der wiedervereinigten altpreußischen Landesteile den Namen Westpreußen und bestimmte Marienwerder als Sitz der Provinzialbehörden. Zu dem neuen Westpreußen gehörte allerdings auch die Stadt Bromberg als Hauptstadt des Netzedistrikts. Als 1815 die "modernen" Provinzen gebildet wurden, wurde Danzig der Sitz des Oberpräsidenten und somit Hauptstadt von Westpreußen.
Unter dem Oberpräsidenten von Westpreußen, Theodor von Schön, der 1824 auch Oberpräsident von Ostpreußen wurde, erfolgte die Zusammenlegung der beiden Provinzen im Jahre 1829 zur Provinz Preußen im Königreich Preußen. Provinzialhauptstadt blieb Königsberg.
Als die Provinz Preußen 1878 aufgelöst wurde, entstanden wieder die Provinz Ostpreußen mit der Hauptstadt Königsberg und die Provinz Westpreußen mit der Hauptstadt Danzig.
Im Jahre 1910 (Volksbefragung) lebten in Westpreußen 7% Kaschuben, 18% Polen und 65% Deutsche. Nun waren die Bevölkerungsanteile sehr unterschiedlich verteilt: Regierungsbezirk Danzig 72% Deutsche, Regierungsbezirk Marienwerder 59%. In der Stadt Danzig selbst betrug der Anteil an Deutschen ca. 96%, in den beiden Elbinger Kreisen praktisch 100%. Kaschuben hatten in den Kreisen Putzig und Karthaus mit ungefähr 65% die Mehrheit, während z.B. in Pr. Stargard Polen die Mehrheit hatten (73%). Von den 16 Kreisen des Regierungsbezirks Marienwerder hatten nur drei Kreise eine polnische Mehrheitsbevölkerung von mehr als 60%. In 9 Kreisen stellten die Deutschen die absolute Mehrheit von etwa 97%.
Nach dem Diktat von Versailles am 29. Juni 1918 wurde die Provinz  Westpreußen aufgelöst und in vier Teile zerlegt:
  • Die Hauptstadt Danzig erhielt gegen den erklärten Willen der Bevölkerung den Status einer "Freien Stadt" und bekam ein vergrößertes Hinterland (Großes Werder).